In einer wegweisenden Expedition entlang der Westküste Mexikos hat sich jüngst ein internationales Forschungs-Team aufgemacht, um die Mechanismen der tektonischen Verformung und seismischen Aktivität zu entschlüsseln, die dort seit Jahrtausenden greifen und bisher wenig erforscht sind. Unter der Leitung von Professor Dr. Julius Jara von der Hochschule Biberach (HBC) konzentrierte sich die Expedition zunächst darauf, umfangreiche Daten zu sammeln. Sie sind entscheidend, um zu verstehen, was den Erdbebenzyklus entlang des Kontinentalrandes Mexikos steuert. Schließlich verursachen Erdbeben weltweit Schäden: Menschen geraten in Gefahr oder sterben gar, die Umwelt wird zerstört und es entstehen hohe wirtschaftliche Verluste.

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Prof. Jara lehrt in der Fakultät Bauingenieurwesen und Projektmanagement der Hochschule Biberach (HBC) Ingenieurgeologie, Felsbau und Hydrogeologie; seine Forschungstätigkeit ist im Institut für Geo und Umwelt verankert. Weitere Professor*innen der HBC sind an dem Projekt beteiligt, etwa aus den Bereichen Hydraulische Modellierung (Prof. Dr.-Ing. Gerhard Haimerl), GPS und Vermessung (Prof. Dr.-Ing. Hans Quasnitza em.) sowie Künstliche Intelligenz (Prof. Dr. Chrystelle Mavoungou). An dem internationalen Forschungsprojekt Projekt TANTA (EarThquAkes aNd coasTal deformation in subduction zones at continental Scale) sind Expert*innen der Geologie und Paläontologie sowie der Geophysik und Geodäsie beteiligt; die Wissenschaftler*innen kommen von Universitäten aus Mexico und Chile. Gefördert wird das Vorhaben von der Carl-Zeiss-Stiftung.

Ihre Reise führte das internationale Forscher-Team im Januar 2024 in die malerischen Regionen von Michoacan und Oaxaca. „Die Küstengebiete sind bekannt für starke Erdbeben mit besonders hoher Magnitude. Die dadurch angehobenen Meeresterrassen sind ideal für die Datenerhebung, die die Basis unserer Forschungsarbeit bilden soll“, erläutert Prof. Jara.

weißer Sandstrand und blauer Himmel mit Meer
weißer Sandstrand und blauer Himmel mit Meer

Bei der zweiwöchigen Exkursion, an der u.a. die renommierten Professor Maria Teresa Ramirez von der Autonomen Universität Mexikos und Professor Daniel Melnick von der Austral Universität von Chile teilnahmen, führte das Team bisher beispiellose Untersuchungen entlang der Westküste auf einer Strecke von 500 Kilometern durch. Ihr Ziel: Sie wollen die Erdbebenbewegungen auf einer sehr viel längeren Zeitskale als bisher untersuchen: Üblich ist ein Betrachtungszeitraum von etwa 150 Jahren, wir wollen die permanente Verformung über Jahrtausende kontrollieren“, so Prof. Jara. Bei der Datenanalyse sollen modernste Technologien wie künstliche Intelligenz und Machine Learning helfen, die Komplexität des Erdbebenzyklus entlang des Pazifischen Raum besser zu verstehen.

Dabei setzten die Wissenschaftler einen Mix aus Methoden ein: Sie nahmen die Landschaft genau in Augenschein, entnahmen gezielt Proben und analysierten fossile Biomarker, die Aufschluss über die Erdbebenaktivitäten geben. Zum Einsatz kamen auch Drohnen, mit denen die Forscher*innen sich aus der Vogelperspektive einen Überblick verschaffen und unerreichbare Ziele direkt ansteuern können.

Mann mit Bart im Porträt hält Beton in der Hand
Mann mit Bart im Porträt hält Beton in der Hand

In der Region Oaxaca stießen die Forscher*inne in einem unwegsamen Gelände schließlich auf eine Besonderheit: „Wir entdeckten ein Küstengebiet, das durch eine aktive Verwerfung vom Festland abgetrennt wurde und nun geprägt ist von versetzten Flüssen“. Diese Auffälligkeit ermöglicht es uns, besser zu verstehen, wie Erdbebenrisse verteilt sind und welche Mechanismen, die kontinentale Verformung am Rande Mexikos steuern", erklärt der Biberacher Geologe Dr. Julius Jara.

Angesichts zunehmender Bevölkerungsdichten entlang tektonisch aktiver Küsten sei es notwendig, Kenntnisse über Raten sowie die zeitliche und räumliche Variabilität tektonischer Prozesse zu gewinnen, so Jara. Er ist sicher: Die Ergebnisse aus dem Projekt TANTA werden entscheidende Informationen liefern, um diese Eigenschaften seismischer Risiken und Gefahren zu bewerten und Erdbebenszenarien besser vorherzusehen.

Die Daten, die während der ersten Exkursion erhoben wurden, werden nun analysiert. Im Sommer trifft sich das internationale Team an der Hochschule Biberach, im Januar 2025 steht die nächste Expedition an. Dann sollen weitere Geländearbeiten erfolgen.

Das TANTA-Projekt wird von der Carl-Zeiss-Stiftung für einen Zeitraum von zwei Jahren im Umfang von rund 140 000 € gefördert. Das Programm ermöglicht neuberufenen Professor*innen an Hochschulen für angewandte Wissenschaften die Fortsetzung ihrer Forschungstätigkeit. Prof. Jara wurde 2022 an die HBC berufen und wird im Förderprogramm „CZS Forschungsstart“ gefördert. Das Programm ermöglicht neuberufenen Professor*innen an Hochschulen für angewandte Wissenschaften die Aufnahme ihrer Forschungstätigkeit. Das TANTA-Projekt wird von der Carl-Zeiss-Stiftung für einen Zeitraum von zwei Jahren im Umfang von rund 140 000 € unterstützt.

Über die Carl-Zeiss-Stiftung

Die Carl-Zeiss-Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, Freiräume für wissenschaftliche Durchbrüche zu schaffen. Als Partner exzellenter Wissenschaft unterstützt sie sowohl Grundlagenforschung als auch anwendungsorientierte Forschung und Lehre in den MINT-Fachbereichen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). 1889 von dem Physiker und Mathematiker Ernst Abbe gegründet, ist die Carl-Zeiss-Stiftung eine der ältesten und größten privaten wissenschaftsfördernden Stiftungen in Deutschland. Sie ist alleinige Eigentümerin der Carl Zeiss AG und SCHOTT AG. Ihre Projekte werden aus den Dividendenausschüttungen der beiden Stiftungsunternehmen finanziert.

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Oxaca-Gebiet

Abbildung: Die Professoren Daniel Melnick und Maria Teresa Ramirez untersuchen die Freilegung eines fossilen Strandes in einem Straßeneinschnitt. Das Vorkommen dieser Sedimente weit und oberhalb der heutigen Küstenlinie ist ein Beweis für die rasche Hebung des Oxaca-Gebiets.